Final Call: Timo Bracht vor seinen letzten beiden Profirennen im Interview

TSFG: Zwei Wochen vor dem Ironman Italien dient das Rennen Dir eher als Trainingseinheit. Was erwartest Du dir von deinem letzten Profirennen auf deutschem Boden?

TB: Vor allem das typisch Norddeutsche Wetter: Wind, Wolken und Nieselregen. Die Location mit dem Seebad Binz ist super und die Stimmung wird wie in den letzten Jahren wieder super werden. Vor allem bietet Rügen eine gute Gelegenheit um Urlaub mit der Familie und das Rennen zu verbinden. Wenn am Sonntagmorgen der Startschuss fällt dann werde ich wie gewohnt alles geben. Es ist mein dritter Start in Folge und ich denke, dass mir meine Erfahrungen aus den letzten beiden Jahren helfen werden. Beim Laufen muss ich dann schauen, dass ich mir einige Körner für den Ironman Italien in zwei Wochen aufspare.

TSFG: Und am Montag geht es dann direkt in die unmittelbare Vorbereitung für Italien?

TB: Erst einmal stehen am Sonntag nach dem Rennen noch neun Stunden Rückreise an. Dann geht es in den letzten „kleinen großen“ Trainingsblock und ich freue mich, mich noch einmal für ein großes Ziel schinden zu dürfen.

TSFG: Welche Emotionen kommen in dir auf, wenn du an den 23.9 denkst?

TB: Erst einmal fokussiere ich mich auf das Training der nächsten Tage und versuche locker zu bleiben. Die Emotionen kommen dann in Richtung Renntag ganz von alleine. Ob Wehmut, Freude oder Erleichterung aufkommt sehen wir dann und ich bin selbst gespannt, wie es mir ergehen wird. Es wird auf jeden Fall nach meinem Abschluss in Roth ein weiteres einschneidendes emotionales Erlebnis in meiner Karriere werden. 

TSFG: Von jetzt auf gleich Aufhören und die Umfänge auf nahezu 0 schrauben funktioniert als Ausdauersportler nicht. Wie ist deine Planung für den ersten Winter seit Jahren, indem es nicht mehr nur um Trainingslager und Grundlageneinheiten geht?

TB: Das wird auf jeden Fall eine interessante Phase werden. Einen radikalen Schnitt möchte ich gar nicht machen, ganz im Gegenteil sogar. Der Herbst ist eine super schöne Zeit um sich draußen in der Heimat aktiv zu bewegen und ich freue mich auf die Touren mit meinen Kumpels, ohne an jedem Berg oben auf sie warten zu müssen. Genauso freue ich mich auch auf die Einkehrungen nach den Touren. Mein Plan ist es mich weiterhin mit zehn Stunden Triathlon Training fitzuhalten. Das alles dann aber ohne jegliche Wettkampfambitionen.

TSFG: Deine aktive Profikarriere ist dann mit dem Zieleinlauf am 23.9 beendet. Wie verdient Timo Bracht von dort an seine Brötchen?

TB: Offiziell bin ich noch bis zum 31.12.2017 Triathlon-Profi. Ich habe parallel zu meiner Profikarriere immer auch schon andere Projekte vorangetrieben und halte seit Jahren auch Vorträge. Vor allem werde ich mich verstärkt um meine Sportvermarktungsfrima kümmern und in die sportliche Leitung meines Triathlon-Teams TEAM SPORT FOR GOOD wechseln.
Zum Jahreswechsel werde ich mich auch den zahlreichen Coaching-Anfragen widmen und dafür erarbeiten wir grade ein sehr interessantes Konzept. Durch meine jahrelange Erfahrung als Agegrouper, Profi und Sportstudent weiß ich genau, wie erfolgreiches Triathlon-Training funktioniert. Als externen Stützpunkt dafür eröffne ich im nächsten Frühjahr zusammen mit einem befreundeten Arzt und Therapeut ein Gesundheits- und Diagnostikzentrum.

TSFG: Was war dein schönster Moment in all den Jahren als Triathlon-Profi? 

TB: Von einem speziellen Moment zu sprechen ist fast unmöglich, weil ich so viel coole Dinge erlebt habe. Wenn ich mir aber einen rausgreifen müsste dann wäre das mein zweiter Sieg beim Ironman Frankfurt 2009. Das war eines meiner besten Rennen mit einer Wahnsinns Atmosphäre. An dem Tag hat einfach alles gepasst.

TSFG: Auf was freust du dich am meisten als „Rentner“? Und was wirst Du vom Profisport her vermissen?

TB: Jetzt freue ich mich erst einmal auf mein Abschlussrennen. Auf den 226km werde ich alles geben. Das wird wieder eine schmerzhafte Erfahrung werden aber ich weiß was es für ein großes Privileg ist, in meinem Alter von 42 Jahren noch in diese Leistungsbereiche vorzustoßen, auf den Punkt top fit zu sein und dann am Renntag abzuliefern.

Danach kommt das erste Kapitel einer neuen Geschichte.